27. März 2020. So: jetz hann isch ooch erscht mol 14 Taage Auszeit … supa!!!

Tag 1 der Quarantäne (28. März):

Gute Nachrichten: der erste Test meines Spezialkumpels ist negativ (Sport: ja, Einkaufen: nein) – es gibt Menschen, die uns beim Einkaufen helfen … Schlechte Nachrichten: die Einschränkungen für alle dauern über Ostern hinaus … Große Pläne: man könnte ja die Zeit nutzen und zB die Garage leer räumen!

2. Tag:

Faulenzen – ein ganz dickes Buch angefangen – ein Literaturverwaltungsprogramm am PC installiert (das wird aber wohl ein Jahrhundertprojekt, bis ich das kapiere) … viel geWhatsAppt … eigentlich alles ganz erfreulich! Der Kirschbaum im Garten beginnt zu blühen …

Tag 3 (30. März):

Es ist mir ja ein wenig peinlich – aber es gibt einen Regelverstoß zu beichten – allerdings einen kleinen: ISCHSCHWÖRE!!! Und er war, wie man heutzutage so schön sagt: alternativlos … es war nämlich heute einer reizenden jungen Dame zu gedenken. Und weil sie schon keine Party feiern konnte, mußte ich ihr zumindest ein kleines Paket vor die Tür legen, damit sie an ihrem 11. Geburtstagstag nicht so traurig ist – wenn ich ihr schon nicht persönlich gratulieren kann … Bei wohlwollender Betrachtung kann man diese kleine Exkursion auch als erweiterte Trainigseinheit eines Motorsportlers ansehen – zumal ich ja schließlich in meinem Auto unterwegs niemandem zu nahe gekommen bin … Ayham wurde zum zweiten Mal getestet: toi, toi, toi!!! Ich höre, er solle darüber hinaus noch zweimal getestet werden.

Der vierte Tag (31.03.2020):

Bildungsprogramm im Netz („Im Bett mit einem Kirmes-Ansager“) … aber man kann ja auch nicht den ganzen Tag nur Engelke, Hill + Konsorten glotzen … Ich beginne zu sinnieren: eigentlich klappt das bei uns momentan ja ganz gut mit dem Verzichten: auf Toilettenpapier, auf die Bewegungsfreiheit, auf den Besuch von Fußballspielen, auf größere Autofahrten … da komm ich als grün angehauchter Roter natürlich sofort auf die Idee, daß man diese neu erworbene Fähigkeit später auch dauerhaft anderweitig nutzen könnte: etwa beim Verzicht auf exzessive Urlaubsreisen (das erinnert mich schon eher an Fluchtbewegungen – wovor nur?!); eine unsinnige Verkehrspolitik (der Ärger hierüber scheint sich zur Zeit ja bis in die finstersten Winkel von Bayern zu verbreiten); die grauenvolle Wegwerfmentalität (… die mir am meisten bei den Lebensmitteln auf den Keks geht; aber ich bin ja auch im Ost-Berlin der 50er Jahre groß geworden!)

Hierzu mal ein kleiner Exkurs: Ost-Berlin/50er Jahre – das war eine extreme Mangelwirtschaft, und das noch, wo man nur nach Westberlin wechseln mußte, um darüber zu staunen, daß die Großmutter wertvolles Gehacktes an ihren mißratenen Köter verfutterte, während wir Ossienkel mit hängender Zunge sprachlos danebenstanden … ich war später dann am Niederrhein alles andere als ein strebsamer Schüler, aber mein alter Klassenlehrer sagte zu mir bei einem Ehemaligentreffen sinngemäß: … du warst ja immer ein fürchterlicher Rabauke, aber eines hab´ ich dir hoch angerechnet: als dir mal auf dem Pausenhof das Brot runtergefallen war, hast du es aufgehoben, einaml gepustet + dann munter weiter geknabbert …“ Er, als Angehöriger einer Generation, die noch wußte, was Hunger ist, ärgerte sich nämlich ständig über die Lebensmittel, die Schüler achtlos in die Papaierkörbe stopften – auch so kann man bei den Paukern punkten (was ich auch dringend nötig hatte). Ende Exkurs!

Sich einschränken, Resourcen achtsam nutzen – so etwas passiert bei uns natürlich nicht ohne Maulen – aber wüßte das nicht mittlerweile jeder, daß wir bei möglicherweise 10 Milliarden Menschen noch in diesem Jahrhundert anders nicht überleben werden auf dieser Erde??? Bytheway: Sah nicht bereits der 1. Bericht des Club of Rome 1972 (!!!) Epidemien an als eine Form der Regulierung bei Überschreitung von Wachstumsgrenzen (… neben anderen Formen: z.B. gigantische, ständig wachsende Flüchtlingsströme)???

1. April 2020. Tag Nr. 5:

Done! Garagenaktion erfolgreich beendet – kein Aprilscherz! – Außerdem: Noten geordnet: ich durchblättere das Fantaisie-Impromptu von Fréderic Chopin (op. 66): das habe ich mal gekonnt + war nicht wenig stolz darauf … lang, lang ist´s her. Kenner wissen um die technische Schwierigkeit des Kopfsatzes: hier werden jeweils 3 Noten (linke Hand oder auch „Der Kapellmeister“, wie C. gerne formulierte) gegen 4 Noten (rechte Hand) gespielt. Jeder (ordentliche) drummer kennt das Problem, aber jeder kann sich auch mit den Fingern selbst dran versuchen … ich habe mir seinerzeit die Noten folgendermaßen beigebracht: 1) mit dem Metronom immer abwechselnd einen Takt 4 Dreizwölftelnoten und dann ein Takt 3 Vierzwölftelnoten … und dann allmählich das Tempo steigern; dies zunächst jeweils mit zwei nebeneinanderliegenden Tönen (wegen des Fingersatzes), später dann mit den originalen Noten. 2) Eine gaaanz langsame Übung: ich rechnete die Sechzehntel bzw. Triolen in Zwölftel um (machte sie somit also gewissermaßen kommensurabel) und spielte dann jeweils die Sequenz gegeneinander: Tam-ta-ta-Tam-Tam-ta-Tam-ta-Tam-Tam-ta-ta.- Ich weiß nicht, ob das die „amtliche“ Methode ist, solch ein schwieriges Stück einzuüben; ich selbst brauchte so etwa ein halbes Jahr, bis ich das drauf hatte – und diese Zeitspanne unterscheidet mich dann wohl auch von einem Profi. ABER: es machte Spaß und … (s. o.).

Das werde ich wohl nie mehr lernen; irgendwie schade, aber meine Interessen haben sich mittlerweile auch verlagert: heutzutage interessiert mich sehr viel mehr, daß Chopin, dieses Wunderkind, zeitlebens ein kränkelnder Mensch war und nur 39 Jahre alt wurde, aufregende Beziehungen zu Frauen hatte und ganz offenkundig vor allem für die Pariser Salons komponierte … Ich kann mir nicht vorstellen, daß dieses Stück jemals in Vergessenheit geraten wird, solange es auf dieser Erde Menschen gibt, die die Musik lieben …

Tag Nr. 6:

Nachtrag zum rhythmischen Problem des Fantaisie-Impromptu Cis-Moll von Chopin (op. 66): mir ist noch eine dritte Methode eingefallen, wie man die Technik hier in den Griff bekommt, und zwar gänzlich ohne Metronom: man beginnt mit den 4 Vierteln der rechten Hand (nun aber am besten mit der vollen Taktlänge von 16 Vierteln) und fügt zunächst einmal jeweils nur die erste Triole der linken Hand hinzu, so daß man einen Walzertakt bekommt: Tam-ta-ta-Tam-ta-ta-Tam-ta-ta usw. Die zweite und dritte Triole fügt man versuchsweise dann je nach Spielfortschritt sukzessive ein …

das wird anfangs natürlich mächtig holperisch – und hat obendrein auch noch zwei andere Nachteil: (1) wenn Chopin davon spricht, daß die Linke der »Kapellmeister« sei, so will er damit zum Ausdruck bringen, daß die linke Hand Rhythmik (… und Harmonik) vorgibt, die von der rechten Hand mit der virtuosen Melodik figurativ umspielt wird (das ist gut romantisch gedacht …).- Das funktioniert bei dieser Methode natürlich nur sehr bedingt … (2) man gewöhnt sich bei dieser Methode eine ganz falsche Betonung an: es handelt sich hierbei eben gerade NICHT um einen Walzer! Dennoch … aber man beachte vor allem: wir sind hier bei diesen Übungen immer noch auf der technischen Seite des »Stehgreifstückchen« (das nämlich ist die Übersetzung von »Impromptu«: das Musizieren fängt erst an, wenn man dieses technische Problem beherrscht … es gilt hier, wie überall: Üben, Üben, Üben!

Übrigens – wir haben ja Zeit: Corona wird uns noch so manchen Tag Muße schenken! Davon in den nächsten Tagen mehr – hab ich selbst noch einmal Methode 2 nachvollzogen und stieß dabei auf ein graphisches Problem, das ich gestern nicht bedacht hatte: das Muster „Tam-ta-ta-Tam-Tam-ta-Tam-ta-Tam-Tam-ta-ta“ allein genügt wohl nicht; man muß nämlich die Betonungen (»Tam«) auf linke und rechte Hand verteilen > Schaubild

Und was hat das alles nun mit der Corona-Krise zu tun??? Zunächst mal: nix! Aber: bereits Brecht sagte: „Die Wahrheit ist konkret!“ Will sagen: … sie hat es mit den Details zu tun, fragt nach, für wen es zB Atemmasken gibt – und also zugleich für wen nicht, wie sie verteilt werden, wo sie produziert werden, warum es nicht genug gibt und und und … Es genügt also nicht, ein telegenes Outfit und Sprechblasen absondern!- Zum anderen: ohne Corona hätte ich mir nicht die Zeit genommen, in alte Noten zu schauen – positiv gewendet: die Coronakrise schenkt uns Zeit, die Dinge zu erledigen, die wir schon immer machen wollten. Und das ist nicht wenig … So gesehen wird vielleicht der eine oder andere sich noch einmal daran erinnern an das, was er vor den Zeiten von PCs und Streaming-Serien mit 15 Staffeln mit seiner Zeit angestellt hat.

Schönen Tach noch! (… find ich immer so geil, wenn irgendein Wetterfrosch im TV das so unnachahmlich raushaut …)

Freitag, 3. April.

Der siebente Tag der Quarantäne. Dieses Jahr gab es gar keine April-Scherze! Die Zeiten sind wohl nicht danach … gestern nachmittag ging ich bei schönem Wetter am Ökosee spazieren: eine Wohltat! Viel Betrieb!-

Die erste Lebensmittellieferung trifft ein. Große Freude – Einkaufen ist für mich immer reiner Horror! Nichts macht mich giftiger als auf der Suche nach – sagen wir mal – Kakao-Nibs (wenn Sie wissen, was ich meine!) den ganzen Globus von oben bis unten zu durchforsten. Das wird nur noch getopt von 2 Stunden Schlangestehen vor dem Security-Check im Airport: da krieg ich dann auch schon mal Schreikrämpfe (… und das ist kein joke; aber eine andere, ziemlich lustige Geschichte, die ich vielleicht einmal erzähle, wenn mir nix mehr einfällt …).- Das LM-Paket erinnert mich irgendwie an die CARE-Pakete der 50er Jahre (wenn Sie nicht wissen, was das war: googeln sie es ruhig mal, es lohnt sich!). Freude bei der ganzen Familie – außer bei mir: mir ist noch heute Milchpulver erinnerlich – und deshalb habe ich auch bis heute eine Allergie gegen kaltgerührten Pudding (… weil die Feinschmeckerin (!) da nämlich das Milchpulver herausschmeckt). Vor allem aber goldfarbige große viereckige Dosen mit – Lebertran!!! Das kennt heutzutage kein Mensch mehr – und das ist auch gut so. Davon mußte ich jedesmal einen Eßlöffel schlucken … schaurig! Richtig übel!!! Deshalb wurde der auch immer mit einem Stück Schokolade versüßt … In vielerlei Hinsicht sind beide Aktionen natürlich nicht vergleichbar: vor allem wegen dem drastischen Mangel im Ost-Berlin der 50er Jahre! Ganz anders aber auch der Aufwand, der heutzutage zu treiben ist: ich hab früher immer „auf Sicht“ – wie die Politiker heutzutage sagen – eingekauft, jetzt mußte ich planen, Listen schreiben, unsere soziale Sozialarbeiterin, die hochgeschätzte Frau Meiser, mußte sie abschreiben, einkaufen, vorbeikommen; da mußte Platz geschaffen werden, Termine koordiniert werden, Rechnungen aufbewahrt, gelesen werden, separate Rechnungen erstellt werden usw. usw. – Wahnsinn! Aber auch alles nicht ohne Reiz – wie (fast) immer, wenn man Dinge bewußt und mit Muße macht …

Anhang 21.04.2020:

Weil ich wohl nicht mehr so schnell dazu kommen werde, hier noch anhangsweise die story, wie ich die Abflugshalle des Köln-Bonner Flughafens zusammengeschrien habe:
Im Grunde meines Herzens bin ich ein zurückhaltender und überaus friedfertiger Mensch … außer: es ist kalt, schneematschiges Wetter, ich bin stark übergewichtig, darüber hinaus dick verpackt und mit jede Menge Gepäck beladen, aus endlosen, leeren, zugigen Parkplatzflächen kommend, in der endlosen Schlange einer Flugplatzabfertigung stehend (die mich eh´ schon immer an die Schafherden in Tönnies´ Schlachthallen erinnert) … Ich machte gute Miene zum bösen Spiel und versuchte eine lockere Konversation mit der Security: … ich muß ja hoffentlich nicht die Schuhe ausziehen! … Doch!!! Bei nahezu drei Zentnern Lebengewicht fällt das Bücken nicht eben leicht, zumal dann, wenn kein Stuhl in Reichweite steht (… und dafür bezahlt man auch noch Geld! Aba was tut man nicht alles für die lieben Kinderchen …) Meine Laune verdunkelt sich zunehmend: MUSS man eigentlich die Schuhe ausiehen?, frage ich einen interessiert zuschauenden Polizisten? Nein, lautet die Antwort – aber dann werden sie nicht mitgenommen!
Das leuchtet ein in Zeiten von IS und Al Sowieso … ich gucke entschlossen vorwärts. Links geht es in endlose Ladenketten, rechts sehe ich eine Security-Sperre … Na, das haben wir Gottseisgetrommeltundgepfiffen hinter uns; ich wende mich entschlossen nach links … langer Rede kurzer Sinn: ich mußte nach RECHTS. Ich stelle mich also wieder ans Ende einer nicht allzulangen Schlange an. Ich bin gerade schon durchgecheckt worden!! begrüße ich den Sicherheitsmenschen. Jaja, sagt der, das sind alle hier … Na, sage ich leichthin, ich werd ja hoffentlich nicht nochmal die Schuhe ausziehen müssen … nota bene: erwähnte ich schon, daß es sich hierbei um hohe Schnürstiefel handelte? Ach was: das geht ganz schnell, ich helfe ihnen dabei … und führt mich umgehend zu einer Bank, auf der ich mich mühselig mit einem tiefen Seufzer niederlasse, Oho, denke ich, es gibt durchaus Unterschiede an den Sperren … vermutlich eine andere Firma! Meine Laune bessert diese Beobachtung allerdings keineswegs. Und so beginne ich, darüber zu sinnieren, daß es vermutlich nicht sonderlich klug sein könne, alle 50 Meter einen Securitiy-Check einzurichten … und ich glaube, ich habe dann noch hinzugefügt, daß es mich durchaus nicht wundere, daß wir über die Terroristen nicht Herr würden, wenn solche … (der Begriff ist mir leider entfallen) … den Kampf gegen IS führen würden … „Ach, das ist doch noch garnix!“ fiel da ein neben mir sitzendes älteres, häßliches Pärchen ungefragt ein, das an unserem Diskurs interessiert Anteil nahm. „Da müssen sie mal in die USA fahren!!!“ … UND GENAU AUS DIESEM GRUND FLIEGE ICH AUCH NICHT IN DIE USA!!! Meine Laune war auf dem Tiefpunkt, die des freundlichen Sicherheits-Securisten auch. Blitzartig. Denn meine Lautstärke war zugleich auf einem Hochpunkt. Und sinngemäß fügte ich wohl noch hinzu, daß mich am allermeisten die … [der folgende Ausdruck ist von der Zensur geschwärzt; jum] … nerven würden, die wie eine Hammelherde alles mit sich machen lassen würden!!! Und wenn es drei Kontrollen geben würde, dann … usw. usw.

Die Abflughalle Köln/Bonn ist nicht die größte, die ich kenne. Aber klein ist sie auch nicht gerade. Für meinen sonoren Bariton ist sie gerade richtig. Ich habe mich ja schon immer darüber gewundert, daß die SängerInnen im Saarbrücker Staatstheater mühelos den Saal füllen können bis hin zur Trampelloge – und das ganz ohne Mikro. Ich weiß heute, daß das geht. Mühelos. Man mu nur in der richtigen Stimmung sein. Die Leute guckten jedenfalls so, als wollten sie sagen: Jetzt geht´s los … Die Russen kommen! Beziehungsweise: die Terroristen … Natürlich war ich blitzartig wieder still. Und tat im folgenden auch ganz unauffällig, zumal ich ja nun meine Schuhe wieder anhatte und alle Checks überstanden hatte … Dennoch: selbst eine halbe Stunde später am Schalter zum Flieger hatte ich das zuverlässige Gefühl, daß meine Mitflieger einen gewissen Sicherheitsabstand zu mir einhielten und mich insgeheim musterten …

N.b.: Ich bin nachtragend. Und deshalb habe ich mich nach Beendigung meines Besuchs bei den Kindern, der mich mit manchem Ungemach der Reise wieder versöhnt hatte, beim Köln/Bonner Flughafen beschwert. Und deshalb weiß ich auch heute, was der tiefere Sinn hinter der doppelten Sperre war: es war das tiefsitzende Mißtrauen der englischen Sicherheitskräfte gegenüber den kontinentalen Security-Maßnahmen: sie bestanden auf einem eigenen Check für alle Flüge, die in das Vereinigte Königreich gingen … Wir wissen, wohin die Briten ihr Mißtrauen dem Kontinent gegenüber geführt hat – jetzt fliegen sie die rumänischen Erntehelfer extra ein, wegen denen sie jahrelang den ganzen Brexit-Zirkus angestellt hatten … die spinnen, die Briten!!!

9. Tag, 5. April:

Palmarum (Palmsonntag). Mein großer Traum wäre es ja, eines Tages alle meine Bücher in einer Datenbank vereinigt zu haben; dafür lerne ich mühsam die Sofware kennen, dafür auch ordne ich momentan meine Bücher. Denn viele davon habe ich noch nie gelesen; sie gehörten meinen Eltern, die weitaus mehr gelesen haben in ihrem Leben als ich …

Darunter fand ich dieser Tage ein Buch über Liebesbriefe: „Ich bin dein“ (siehe Bild). So das Motto, geschrieben vor 1.800 Jahren, gedruckt in der alten Frakturschrift, die die Älteren unter noch ganz gut lesen können, weil die Nazis – dämlich wie sie waren (bzw. sind!) – sie zeitweilig für besonders „arisch“ gehalten haben (Später dann kam sie ihnen übrigens besonders jüdisch vor …). Nach dem Lesen kommt das Verstehen: insbesondere das mittelhochdeutsche »slüzzelin« will erst als der uns vertraute »Schlüssel« verstanden sein … Im Vorwort heißt es, gerade die Krise sei die Zeit für „jenes buntfarbige, schillernde, jenes höchster Entzückungen und tiefsten Schmerzes gleichmaßen fähige größte menschlichen Erlebnis, das wir Liebe nennen,“ ihre Reflexion jedoch, die Liebe also „ruhigen Herzens anzuschauen“, sie „aufzunehmen als etwas Zeitlos-Gültiges, Unwandelbares, Immer-Dagewesenes und In-Zukunft-Seiendes: dafür bedarf es gesicherter, in sich beruhigter Zeiten“.

Das ist eine interessante Überlegung, die ich vielleicht für uns Heutigen so reformulieren möchte: gerade in Krisenzeiten bedarf es der menschlichen Zuwendung in besonderem Maße; hier auch erkenne ich, wer sich wirklich für mein Wohlergehen interessiert. Für das Nachdenken und die Reflexion darüber benötigt man demhingegen die innere Ruhe und Muße, die in Krisenzeiten naturgemäß nicht gegeben ist. Interessanterweise ist der Herausgeber seiner eigenen Theorie aber gerade nicht gefolgt, denn es erschien im Jahr 1940, also mitten im Krieg!

Vor einigen Jahrzehnten kursierte bei uns ein kleines, recht geistreiches, aber nach heutigen Maßstäben der Sozialpsychologie wohl nicht unbedingt wissenschaftliches Büchlein von Erich Fromm mit dem Titel „Die Kunst der Liebe“. Darin behauptete der seinerzeit recht bekannte Sozialwissenschaftler – unter anderem! – dass »Lieben« eine Kunst sei, ganz so wie Musizieren, Malen oder meinetwegen auch Tanzen. Und sie habe es ebenso wie die anderen Künste mit dem Lernen wie dem Üben zu tun. Das also war die recht anregende These, mit der ich seinerzeit die saarländischen Soldaten in den Kasernen zu erheitern wußte: daß man nämlich Lieben lernen könne – und müsse!!! Und daß sie sich also keineswegs »von selbst« verstünde, also gewissermaßen zur natürlichen Ausstattung der – vor allem! – männlichen Menschen gehöre … Kleine Randnotiz: im übrigen waren die hartgesottenen saarländischen Fallschirmjäger im Unterschied zu anderen Themen gerade hier mucksmäuschenstill und aufmerksam, insbesondere dann, wenn ich ihnen erläuterte daß »Kunst« auf Griechisch »téchnä«, also »Technik« bedeute (… die Aufmerksamkeit überraschte mich auch deshalb nicht, weil sie ja oft genug heulend zu mir kamen und um Sonderurlaub baten – den ich ihnen nicht gewähren konnte, weil ich dazu keine Macht hatte -, wenn nach zwei Wochen Übung die Freundin mit ihnen telefonisch Schluß machte).

Zurück zum Buch meines Vaters: Es sind – leider! – lauter Promis, die hier zu Worte kommen: Otto von Bismarck und seine Frau Johanna von Puttkammer, Schiller und Lotte (ein überaus interessanter Fall! Man fragt sich: WELCHE LOTTE!!! »Schlller war ein Schlumich!« lese ich da im Netz) und – natürlich -: Martin Luther und seine Frau Käthe von Bora usw. … Leider kommt Otto Normalverbraucher und sein Liebesleben an dieser Stelle gar nicht zu Worte – oder sollte er auf dieser Klaviatur zu spielen gar nicht fähig sein, aufgerieben zwischen Kinder, Kirche und reiner Notdurft, etwa beim Arbeitslohn??? So ganz abwegig ist dieser Gedanke dem Zeitalter der Industrialisierung durchaus nicht …

Wie auch immer, mir kam bei der Lektüre die Idee: interessant müßte es doch auch sein, von heutigen Promis die Liebesbriefe lesen zu können; ich denke da etwa an Michael Wendler und Laura Müller (is wohl schon wieder Geschichte), Melania Trump zu Donald Trump, die Briefe Carsten Maschmeyers an Veronica Ferres oder auch Florian Silbereisen an Helene Fischer (auch schon Kriegsgeschichte), Maria Furtwängler an Hubert Burda usw.

Aber das verbietet ja schon der Datenschutz; ein Glück! … Hoffentlich dauert die Quarantäre nicht mehr so lange: sonst komm ich noch auf die Idee, mir diese Briefe selbst auszudenken … ich guck schon „Deutschland sucht den Superstar“ (… übrigens durchaus mit Gewinn: es gibt da ja richtige Talente! Adorno hätte die Sendung allerdings in der Luft zerrissen: sie ist geradezu ein anschauliches Beispiel für das Phänomen der von ihm so benannten »Kulturindustrie«!)

Gesegneten Palmsonntag allerseitz!

(Grün-) donnerstag, der 13. Tag.

Es geht in die Zielgerade. „Morgen wird eingekauft“ – Ja tatsächlich: so schrieb ich heute morgen in meiner jugendlichen – und: theologischen! – Unbedarftheit, ohne zu bedenken, daß – profan gesprochen – ja morgen die »Geschäfte« zu sind ( … auch dies eine ulkige Formulierung: Corona verändert eben alles!)

Hier könnte man jetzt natürlich prächtig einige Sätze zur theologischen Hermeneutik anfügen: denn vieles braucht man als Pfarrer gar nicht in der Sprache Kanaans auszudrücken („… denn das hatte das Volk Israel in seiner langen Wüstenwanderung gelernt …“), sondern: ich rede einfach davon, daß die Geschäfte zu sind, weil ja jeder weiß, daß morgen Karfreitag ist! Die Leute lesen heutzutage nicht mehr die Bibel und reden auch nicht mehr in ihrer Sprache – dennoch sind ihnen theologische Glaubensartikel/Sachverhalte weitgehend (noch) präsent, gerade hier im Saarland – das ist Volkskirche! Bei den Soldaten konnte man so etwas lernen!- In ähnlicher Weise drückte sich übrigens meine frühere Wirtschaftswissenschaftsprofessorin, bei der ich einmal vergeblich versucht habe, einen Doktorhut zu erwerben (leider bin ich zu dämlich für solche Sachen), ausschließlich in Begriffen der „bürgerlichen“ VWL aus – dennoch war es im Grunde marxistische Wirtschaftstheorie, was sie lehrte (sie war nämlich gelernte Ossifrau und hatte seinerzeit an der Akademie der Wissenschaften/Ost Konjunkturtheorie geforscht …). Aber sie wußte natürlich, daß „hier im Westen“ viele Leute reflexhaft abwehrend auf marxistische Begrifflichkeit reagieren – selbst dort, wo sie offenkundig zutreffend und angemessen ist …

Aber wie auch immer: der erste Einkauf wird dann eben Samstag eine richtige kleine Orgie, wenn auch mit Mundschutz + Handschuhen … ja, das muß sein: seitdem ich gelesen habe, wie es in der Intensivstation zugeht + was man da so alles mit den Leuten anstellt, ist mir jegliche Lust auf Corona vergangen … endlich mal wieder unter Leute!!! Gelegentlich ertappe ich mich ja schon mal bei dem Gedanken, ich sei wohl ein Misanthrop (tja, das müssen Sie schon googeln, falls Sie´s nicht wissen! Oder Voltaire lesen!); aber das stimmt nicht: zwei Wochen Quarantäne belehren einen da schnell eines besseren …“ –

Wo wir gerade beim Thema sind: meisterhaft hat Schopenhauer dieses Dilemma aufgezeigt. In seiner Parabel von den Stachelschweinen friert es nämlich die armen Tierchen; und so rücken sie aneinander, um sich zu wärmen. Jetzt tut´s aber mächtig weh und so rücken sie wieder auseinander – und frieren wieder. Also rücken sie wieder etwas näher usw. usw., bis sie Nähe und Distanz optimal ausgependelt haben. Schön, nicht wahr?

Was sich bei mir in diesen Tagen verstärkt hat, ist die Tendenz, ein festes Schema in den Tagesablauf zu bekommen: „Um 12 werd gess!“ – Heinz Becker!!! Um 12.30 Uhr gibtz „Bilanz am Mittag“, anschließend Schönheitsschlaf, und vor 19 Uhr wird nicht geglotzt … sowas wollte ich schon immer haben, hat aber aus naheliegenden Gründen nie geklappt. Man könnte das noch erheblich ausbauen: von 6-7 Klavierspielen, wie der von mir geschätzte Theodor W. Adorno (auch er allerdings ein Schlumich! Mal ganz am Rande: auch einige der großen Theologen (ev.) des 20. Jahrhunderts gehörten zu der Sorte: Paul Tillich – der hatte allerdings das Pech, daß sein Ehegespunst posthum ein Pamphlet über seine Eskapaden geschrieben hat – und vor allem: »Großmeister« Karl Barth! Bei ihren r.-kath. Kollegen kenn ich mich leider nicht aus; aber wie man hört, haben die´s ja eher mit kleinen Kinderchen – sehr, sehr merkwürdig, wenn man mal für einen Augenblick davon absehen will, daß es sich hierbei um Verbrechen handelt!!!).

Vielleicht abschließend noch ein Satz zur Gartenarbeit: das war noch nie so ganz mein Ding, seit uns Vati in jungen Jahren immer mal wieder in die Brombeeren gescheucht hat … Dies insbesondere deshalb, weil Gartenarbeit eine gewisse Stetigkeit in der Arbeit verlangt. Und jetzt zwickt mich immer heftiger das Alter – ja, leider ernsthaft. Das Problem ist nur, daß meine Orthopädin stetig mahnt: „Bewegung ist alles!“ – Jaja: der Geist ist willig, und er ist auch immer sehr stolz auf seinen blühenden Kirschbaum, aber …

Karfreitag, 10. April.

Heute ist der 14. und letzte Tag der verschärften Quarantäne. Denn »Kontaktverbot« – unsere Oberen lieben diesen Begriff nicht sonderlich, sie verpacken ihre schlechten Nachrichten gerne in süße Worthülsen: Image is alles! Auch Politik ist heutzutage weithin Marketing!!! Churchill („I have nothing to offer but blood, toil, tears and sweat …“) hätte heutzutage im Zeitalter der alternativen Wahrheiten keine Chance mehr – Kontaktverbot und Ausgangsbeschränkungen also habe ich auch heute noch weitestgehend. Und wer das nicht glaubt, braucht ja nur einmal versuchen, die Oma in Wanne-Eickel zu besuchen oder, besser noch, einen Wochenendausflug an die Ostsee zu unternehmen …

Nein, das ist keine Kritik an Mamma Merkel. Ganz im Gegenteil: ich halte sie nach wie vor für einen Glücksfall für uns in diesen Zeiten bombastischen Geplappers, im Zeitalter der starken, aber leider ziemlich dämlichen Männer. Auch in ihrer Corona-Politik gefällt sie mir! Sicherlich ist sie nicht ohne Fehl und Tadel, ja gewissermaßen ist ja auch sie ein »Schlumich« mit ihrem Verschleiß an Männern (angefangen mit »Birne« vor nunmehr 20 Jahren; übelgenommen habe ich ihr, daß sie anfangs Gauck verhindert hat), aber sie war mir schon immer sympatisch, weil sie nämlich im Nachbar-Pfarrhaus in Templin groß geworden ist (allerdings ein klein wenig nach meiner Zeit!) – ja, ich habe meine ersten Erfahrungen mit dieser Welt in Gestalt einer kampflustigen Gans, die meinen Kinderwagen argwöhnisch bewachte, ihn dabei von seinem Korbgeflecht befreite und jeden, der mir zu nahe kommen wollte, unbarmherzig unter großem Geschrei in die Flucht schlug … dieses Urvertrauen habe ich nämlich im Pfarrhaus von Friedrichswalde gewonnen, das bekanntlich ein direktes Nachbardorf von Templin ist. Die Russen haben unser Pfarrhaus sehr geliebt und machten ihm 1945 umgehend ihre Aufwartungen, weil die Telefonleitungen von Karinhall – in Nazi-Zeiten jedermann wohlbekannt, weil der fette, drogenabhängige Reichsjägermeister (ja, genau der, der unrühmlich am Galgen endete!), der sich in der Schorfheide »um den Verstand jagte«, wie die WELT einmal titelte – direkt durchs Amtszimmer meines gestrengen Herrn Vaters liefen. Denn der residierte als Pfarrherr zu Friedrichswalde in meinen zartesten Kindesjahren und versuchte wohl weitgehend vergeblich, das störrische Bauernvolk der Friedrichswalder Uckermärker zum rechten Glauben zu bekehren. Man schied 1951 im Unfrieden voneinander, denn als ich nach der Wende der Kirchengemeinde einige alte Akten zurückbringen wollte, die er – so hoffe ich! – seinerzeit versehentlich hatte mitgehen lassen, als wir nach Berlin/Ost zogen, da empfing mich einer seiner Nachfolger (ein Rocker mit langen Haaren und schwarzen Lederhosen! Ich hatte ihn provoziert mit der Bemerkung: »Ich würde gerne mit dem Herrn Pfarrer sprechen!« Er: »Der steht vor ihnen …« … das war leider nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.) mit den Worten: „… So! Sie sind also der Sohn dessen, der uns die Glocke geklaut hat …“ Aber das ist eine andere Geschichte (nur soviel will ich hier verraten: es ist die reine Wahrheit! Mein Vater hatte tatsächlich beim Umzug nach Berlin die Kirchenglocke mitgehen lassen) …

Nachzutragen bleibt lediglich, daß Mammi die Zwistigkeiten zwischen Pfarrherrn und seinen Schäfchen sehr viel pragmatischer betrachtete und bei jeder Einladung zu Familienfesten in der Gemeinde beispielsweise Tischtücher und Bestecke einer aufmerksamen Musterung unterzog – weil sich da nämlich von Zeit zu Zeit auf wundersame Weise Teile ihrer Ausstattung wiederfanden (in den letzten Kriegsmonaten wurde sie evakuiert) … aber sie konnte die Friedrichswalder eh´ nicht ausstehen – mit Ausnahmen, die bis in unsere Tage hineinreichen! – weil sie nach meiner Geburt von den Dörflern, die ihre Kuhställe mit Teppichen ausgelegt hatten (… wie sie nicht müde wurde zu betonen), keine Milch bekam. Aufgrund einer Operation von Mutter und Kind konnte sie nämlich nicht stillen … n.b.: das erklärt manches!!! Zum Beispiel, warum ich die Blumen aufgefuttert haben soll – so die fama – die mein Vater Mammi ans Wöchnerinnenbett mitgebracht hatte …

Aber wir waren ja bei Mamma Merkel: meine Verehrung für unsere „eiserne Lady“ – die übrigens in keiner Weise parteipolitischen Präferenzen folgt; ganz im Gegenteil! – hat auch einen konstitutionellen Hintergrund: ich war nämlich immer schon ein erklärter Feind des Föderalismus. Die entsprechende Passage meines Textes habe ich allerdings schleunigst wieder entfernt, weil ich mir ja keinen shitstorm einhandeln will (obwohl: soviel SaarländerInnen gibtz m. W. ja garnicht … aber der bizarre Streit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein um die Radfahrer reizt ja geradezu zu Wutausbrüchen!)

Ich beende hiermit – wie versprochen – meine kleinen täglichen Anmerkungen. Zwar hat sich gezeigt, daß auch ich zu jener Zunft zumeist älterer Zeitgenossen gehöre, die „die Tinte nicht halten können“, wie man so schön sagt – vor allem aber habe ich Angst davor, daß mir nix mehr einfällt! Oder: daß einem meiner Oberen (jaja: auch ein pensionierter Pfarrer darf sich nicht alles erlauben und untersteht nach wie vor dem gestrengen Kirchenregiment!) mein Geschreibsel zu Ohren käme: der könnte mir nämlich vermutlich sogar den Geldhahn zudrehn … Und dann verplempert man dabei ja auch soviel Zeit …

Wir halten fest: ich lebe noch – was sehr viel wert ist, weil ich nämlich sehr gerne lebe. Es ging mir gut während der Quarantäne, konnte kaum Geld ausgeben, die Stille auf der Luxemburger Autobahn habe ich sehr genossen. Sie wird mir fehlen! – ich wurde sehr gut und unterhaltsam versorgt (Hallo, Frau Meiser!!!) und bekam sogar einige freundliche Rückmeldungen, für die ich mich hiermit herzlich bedanken möchte. Ich habe ja eine kleine Homepage (www.juminx.de), auf der ich das gesamte Tagebuch mit allen Erweiterungen, die Facebook zum Opfer gefallen sind, einstellen werde, sofern mein Freund Andreas, der das aus alter Verbundenheit freundlicherweise für mich erledigt, dafür Zeit findet. Corona wird uns noch einige Zeit begleiten und wir werden uns weiterhin in Acht nehmen müssen. Deshalb: Bleiben Sie gesund!!! – und mir gewogen …

———————
Exkurs zum Problem des Föderalismus: … selbst auf die Gefahr hin, mir alle Saarländer dauerhaft zu Feinden zu machen, muß ich der Wahrheit zuliebe offen gestehen, daß mir noch nie so ganz eingeleuchtet hat, warum man die paar Männeken nicht einfach den Pälzern zuschlägt und die Pöstchen für all die Wichtigtuer und Bedenkenträger, die uns sehr, sehr viel Geld kosten, das wir nicht haben, nicht einfach streicht … Und weil ich hier im Saarland einmal nolens volens Vorsitzender eines richtigen Vereins war (ich bekam sogar einmal vom damaligen Bürgermeister ungefragt eine größere Summe aus Totomitteln über den Tisch geschoben!), deshalb fühle ich mich hier auch durchaus berufen, über diese Frage zu urteilen.- Einer unserer Offiziere in der Saarlouiser Kaserne, dessen Namen ich aus Standespflichten heraus hier nicht nennen werde, sprach immer nur von dem „diebischen, intriganten kleinen Völkchen am Rande der bewohnten Welt“, wenn er von den Saarländern sprach … wohlgemerkt: ICH war das nicht!!! Aber erstaunlicherweise hab´ ich diesen Spruch nicht vergessen …

Niemand hat, soweit ich sehe, jemals beziffert, wieviel wir uns den deutschen Föderalismus kosten lassen. Aus gutem Grunde: denn dann könnte man ja auf die Idee kommen, Kosten und Nutzen miteinander zu vergleichen … und was sollten wir dann mit all den arbeitslosen Parteibonzen und Sesselfurzern anstellen???

Wir sehen es an diesem Wochenende – und hier nun, wirklich erst hier, wird es ernsthaft! – was für ein Wirrwarr der Föderalismus uns mal wieder beschert: da sperren einzelne Länder ihre Grenzen (wieso errichten wir eigentlich nicht Mauern an den Stadtgrenzen von Dillingen, um uns vor den bösen Saarlouisern zu schützen, die hier zuhauf einfallen und uns im neuerdings wieder vorhandenen Lidl die Klopapierrollen klauen??? Freiburg macht es vor!) Besonders bizarr der Streit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein um die Fahrradfahrer … und ich rede hier noch gar nicht von Abiturprüfungen, Kitagebühren, vom Rumgeeier des Bundes in allen kulturellen Fragen (aber wenn den Städten und Gemeinden mal wieder die Kohle ausgeht, dann soll selbstverständlich der Bund zahlen!) und und und … nun, dieser Zustand wird uns bis in alle Ewigkeit erhalten bleiben, ja: Sie dürfen mich sogar steinigen, weil der hier einschlägige Art. 20 GG sogar mit einer Widerstandsklausel versehen ist … aber ich wäre wirklich froh, wenn mir mal einer – aus sachlichen, und nicht aus historischen Gründen! – klarmachen würde, wozu die bundesrepublikanische Kleinstaaterei eigentlich gut ist.

Ostermontag, 13. April.

»Pass butter to the left!« Ein kleiner Nachbrenner zum Quarantäne-Tagebuch.

Die Sache mit dieser einen komplizierten Passage bei Chopin, die ich vor ein paar Tagen angesprochen habe, hat mir in den letzten Tagen keine Ruhe gelassen; und weil ich damit allein nicht zurande gekommen bin, habe ich mich an einen Fachmann gewandt, nämlich Billy (Trebing aus Saarlouis), der eine Drummerschule besitzt und also momentan zur notleidenden Kaste der Selbständigen gehört …

Ich kann hier ganz ungeniert für ihn Reklame machen, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, daß er sehr gut ist. Wir haben also zusammen Home-Office gemacht, und waren damit absolut auf der Höhe der Zeit.- Daneben habe ich mir allerdings auch selbständig weiterhin Gedanken gemacht. und selbst auf die Gefahr hin, daß meine verehrten Leser und -Innen insgeheim denken: »… jetzt hat er endgültig ein´ an der Waffel …«, dokumentiere ich hier das Ergebnis meiner Bemühungen … (s. Bild)

Man muß nicht Klavier spielen können, um diese kleine Etüde mit Gewinn zu üben: gerade Grufties wie ich können damit ihre grauen Zellen aufpolieren und zugleich die 59,50 EUR für die Koreanischen Ginseng-Kapseln einsparen (es sei denn, sie stehen auf den Alk, der in manchen dieser Präparate steckt … na denn: Prost Doppelherz!!). Man versuche einfach, den Rhythmus auf dem Bild mit beiden Händen auf der Tischkante zu klopfen … das macht einen birnemäßig um mindestens 10 Jahre jünger – wenn man´s nach 2 Jahren endlich kann! N.b.: Ich hab in früheren Zeiten dazu immer langweilige Biologiestunden genutzt; und deshalb kann ich bis heute das RAMTAMTAMtaTAMtata mit anschließendem Trommelwirbel aus dem Stand (NA??? Was war das??? … GENAU: »Keep on running!« – die Spencer Davis Group!!! … Das hörte man 1966 in jeder Kaschemme von Soho, wo ich mich auf das die Abitur vorbereitete + u.a. eine Speisung der – fast – 5.000 durch die Heilsarmee miterlebte, ein unvergeßliches Erlebnis – total abgedreht, die Geschichte!!!).- Als kleine Hilfe muß man dazu allerdings stetig o.a. Mantra vor sich her murmeln: »Pass butter to the left!« … Ich selbst mußte übrigens seinerzeit in der Kur stundenlang Kreuzworträtsel lösen, um denselben Effekt der mentalen Verjüngung zu erzielen …

P.S.: Bei der Beschäftigung mit diesem kleinen musikalischen Problem hab ich noch etwas ganz anderes gelernt, nämlich was eine »Akkolade« ist … und falls es unter den Saarfranzosen jemanden geben sollte, der ähnlich unwissend ist wie meine Wenigkeit, der ich als Preuße groß geworden bin, so kann ich ihn damit trösten, daß er intuitiv schon immer praktiziert hat, was er mit zutreffendem Label nicht zu benennen weiß: den beidseitigen Wangenkuß nämlich, also: Knutschen (im weitesten Sinne …)!- Es gibt allerdings auch in der Musik – genauer: in der Notenschrift – einen Sachverhalt, der mit diesen Begriff bezeichnet wird, nämlich die Klammer vor einer Partitur, die anzeigt, daß die Einzelstimmen zusammengehören sowie – auch nicht unwichtig – in der Notensatz-Software für den PC dafür sorgt, daß zusammengehörige Taktteile über- bzw. untereinander stehen … denn »accolade« heißt im Französischen wohl »Umarmung« – schöner noch in der lateinische Urform »ad collum«, die einfach bedeutet: »An den Hals!« Jawohl!!!